04.05.2017

Erbvertrag und Testament mit Auslandsberührung

Von Notarin Sonja Reiff

Bei der Gestaltungspraxis von Testamenten und Erbverträgen häufen sich die Fälle mit Auslandsberührung; sei es, dass der Erblasser ausländischer Staatsbürger ist, er im Ausland lebt oder sich das zu vererbende Vermögen im Ausland befindet.

Liegt ein Erbvertrag oder Testament mit Auslandsberührung vor, muss zuerst überprüft werden, nach welchem Recht sich die Erbfolge überhaupt regelt. Gibt es entsprechende Staatsverträge zwischen Deutschland und weiteren Ländern, die vorrangig gelten? Bilaterale Abkommen bestehen unter anderem mit der Türkei, dem Iran und den Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Nach dem Deutsch-Türkischen Nachlassabkommen gilt für die Erbfolge beispielsweise das Recht der Staatsbürgerschaft und für Immobilien das Recht, in dem diese liegen. Für türkische Staatsbürger gilt somit grundsätzlich türkisches Erbrecht, während sich ihre deutsche Immobilie nach deutschem Recht vererbt. Anders herum gilt das Gleiche für Deutsche, die in der Türkei Immobilien haben. Es tritt daher eine sogenannte Nachlassspaltung auf.

Die Europäische Erbrechtsverordnung

Greifen keine vorrangigen Staatsverträge ein, dann bestimmte sich vor dem 17.08.2015 das geltende Erbrecht nach der Staatsbürgerschaft des Erblassers. Mittlerweile ist jedoch die Europäische Erbrechtsverordnung in Kraft getreten, die in der gesamten EU mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs, Irland und Dänemark gültig ist. Diese regelt nun abweichend, dass es nicht auf die Staatsbürgerschaft des Erblassers ankommt, sondern sich das geltende Erbrecht nach seinem gewöhnlichen Aufenthaltsort zum Zeitpunkt seines Todes richtet. Wandert beispielsweise ein Deutscher ins Ausland aus, so vererbt er sein Vermögen nach dem Recht des Landes, in dem er lebt. Dies ist natürlich in vielen Fällen nicht gewünscht und vielen Erblassern ist auch gar nicht bewusst, dass sie durch einen Wegzug aus Deutschland nicht mehr dem deutschen Erbrecht unterliegen.

Auch unterscheiden sich ausländische Erbregeln häufig stark von unseren deutschen Vorschriften. Viele Rechtsordnungen kennen keine gemeinschaftlichen Testamente oder Erbverträge und weisen ganz andere Formvorschriften auf.

Rechtswahl: Testament und Erbvertrag nach deutschem Recht im europäischen Ausland

Abhilfe kann eine Rechtswahl bringen. Der Erblasser kann im Testament oder Erbvertrag regeln, dass für ihn das Recht des Landes gilt, dessen Staatsbürger er ist. Bei Erbverträgen kann das Recht der Staatsbürgerschaft eines der Erblasser gewählt werden. Der deutsche Erblasser, der auswandert, kann somit trotzdem die Anwendbarkeit deutschen Rechts bestimmen.

Mit einer solchen Rechtswahl kann nicht nur die Anwendbarkeit deutschen Rechts für die Erbfolge gewählt werden, sondern ebenfalls für die Wirksamkeit der Verfügung von Todes wegen (Testament oder Erbvertrag).

Wie bereits dargelegt, kennen ausländische Rechtsordnungen häufig keine gemeinschaftlichen Testamente, so dass bei Auslandsbezug auch für dessen Wirksamkeit deutsches Recht gewählt werden sollte.

Rechtsrat einholen für Drittstaaten außerhalb der EU

Sollte ein Erblasser jedoch in einen Drittstaat (außerhalb der EU) auswandern, für den die Europäische Erbrechtsverordnung nicht gilt, dann ist fraglich, ob dieses Land eine Rechtswahl, in der das Heimatrecht gewählt wird, tatsächlich anerkennt.

Wenn der Erblasser in diesen Fällen sicher gehen möchte, muss er sich entsprechenden Rechtsrat bei einem Rechtsanwalt mit Kenntnissen des jeweiligen Rechts einholen.

Nach der Europäischen Erbrechtsverordnung kann nun auch in Deutschland ein europäisches Nachlasszeugnis beantragt werden. Dabei handelt es sich um einen europäischen Erbschein, der in sämtlichen Mitgliedsstaaten Gültigkeit hat, für die Verordnung gilt.

Testament oder Erbvertrag beim Notar erstellen

In jedem Fall ist bei Auslandsbezug eine Erstellung des Testaments oder Erbvertrages durch einen Notar und die nachfolgende Beurkundung durch diesen zu empfehlen.

Aber auch ohne einen Bezug zum Ausland und ausländischem Recht ist ein notarielles Testament oder Erbvertrag sinnvoll. Die erbrechtlichen Regelungen sind so komplex, dass Laien in der Regel nicht in der Lage sind, rechtssicher ihren letzten Willen darzulegen.

Der Notar stellt aber den Willen fest und verfasst eine wirksame und rechtssichere letztwillige Verfügung. Zudem bietet die notarielle Beurkundung weitere Vorteile. So ist bei einem notariellen Testament oder Erbvertrag nämlich kein Erbschein mehr erforderlich. Das Eröffnungsprotokoll nebst Testament bzw. Erbvertrag ist als Nachweis der Erbenstellung ausreichend, auch gegenüber dem Grundbuchamt. Dies vereinfacht die Nachlassregelung für die Erben deutlich und spart Kosten.