28.04.2012

Mehrarbeit: Vergütungspflicht des Arbeitgebers, wenn Vergütungserwartung besteht

Besteht keine (wirksame) Vergütungsregelung, muss der Arbeitgeber geleistete Mehrarbeit zusätzlich vergüten, wenn diese den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Eine entsprechende objektive Vergütungserwartung ist regelmäßig gegeben, wenn der Arbeitnehmer kein herausgehobenes Entgelt bezieht.

Diese Klarstellung traf das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Fall eines Lagerleiters, der bei einer Spedition ein monatliches Bruttoentgelt von 1.800 EUR erhielt. Im Arbeitsvertrag hatten die Parteien eine wöchentliche Arbeitszeit von 42 Stunden vereinbart. Bei betrieblichem Erfordernis sollte der Lagerleiter ohne besondere Vergütung zu Mehrarbeit verpflichtet sein. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte er vom Arbeitgeber die Vergütung für 968 in den Jahren 2006 bis 2008 geleistete Überstunden.

Das BAG bestätigte die entsprechende Verurteilung des Arbeitgebers durch das Landesarbeitsgericht. Die Spedition schulde dem Lagerleiter die Überstundenvergütung. Angesichts der Höhe des vereinbarten Bruttoentgelts sei die Leistung von Überstunden nur gegen eine zusätzliche Vergütung zu erwarten gewesen. Der vertragliche Ausschluss jeder zusätzlichen Vergütung von Mehrarbeit sei wegen Intransparenz unwirksam. Der Arbeitsvertrag lasse aus der Sicht eines verständigen Arbeitnehmers nicht erkennen, welche Arbeitsleistung der Lagerleiter für das regelmäßige Bruttoentgelt schulde. Er habe bei Vertragsschluss nicht absehen können, was auf ihn zukomme (BAG, 5 AZR 765/10).

Quelle: IWW Institut für Wirtschaftspublizistik Verlag Steuern – Recht – Wirtschaft GmbH & Co. KG