02.11.2015

Der Fremd-Geschäftsführer und seine arbeitsrechtliche Stellung

Von Rechtsanwältin Sonja Reiff

Der GmbH-Fremdgeschäftsführer ist selbst nicht Gesellschafter der GmbH. Auf der einen Seite ist er das Organ der GmbH und kann diese rechtlich vertreten. Auf der anderen Seite kann er jedoch jederzeit von der Gesellschafterversammlung der GmbH ohne besonderen Grund als Geschäftsführer abberufen werden. Von der Bestellung und Abberufung des Geschäftsführers ist wiederum der Anstellungsvertrag des Geschäftsführers mit der Gesellschaft zu unterscheiden. So endet auch der Anstellungsvertrag nicht automatisch mit der Abberufung, sondern erst nach Kündigung mit der vereinbarten Kündigungsfrist.

Immer wieder stellt sich die Frage, inwieweit arbeitsvertragliche Regelungen auf das Anstellungsverhältnis des Geschäftsführers anzuwenden sind. Dafür kommt es darauf an, ob der Geschäftsführer als Arbeitnehmer anzusehen ist.

Die Rechtsprechung ist sich bei der Beurteilung des Geschäftsführers als Arbeitnehmer uneins. Der Bundesgerichtshof lehnt eine Arbeitnehmerstellung des Geschäftsführers stets ab, da dieser als Vertretungsorgan der GmbH auf Seiten des Arbeitsgebers stünde und somit nicht gleichzeitig Arbeitnehmer sein kann.

Das Bundesarbeitsgericht schließt eine Arbeitnehmereigenschaft des Geschäftsführers und damit eine Anwendbarkeit von Arbeitnehmerschutzvorschriften (z.B. Kündigungsschutz) gerade nicht grundsätzlich aus, vielmehr ist dies nach dem Grad der persönlichen Abhängigkeit des Geschäftsführers zu beurteilen. Handelt der Geschäftsführer somit streng weisungsgebunden, dann kann er auch Arbeitnehmer sein.

Das Bundessozialgericht dagegen stuft das Anstellungsverhältnis des Fremd-Geschäftsführers stets als sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ein, so dass er auch der Sozialversicherungspflicht unterliegt.

Europarechtlich wird die Eigenschaft des Fremd-Geschäftsführers wiederum anders bewertet. So hat der Europäische Gerichtshof zum einen im Jahr 2010 entschieden, dass eine schwangere Geschäftsführerin der Mutterschutzrichtlinie unterliegt und damit ihre Abberufung ein Verstoß gegen den darin enthaltenen Kündigungsschutz darstellt. Im Jahr 2015 haben die europäischen Richter zum anderen entschieden, dass der Fremd-Geschäftsführer als Arbeitnehmer im Sinne der Massenentlassungsrichtlinie gilt. Dies hat zur Folge, dass der Fremd-Geschäftsführer bei den Schwellenwerten des § 17 Absatz 1 Kündigungsschutzgesetz bei Massenentlassung mitzuzählen ist.

Doch auch wenn der Geschäftsführer im Regelfall nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist, so ist er nicht gänzlich schutzlos. Eine Pflicht zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ergibt sich beispielsweise zwar nicht aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz, dafür aber aus § 616 BGB. Auch das Betriebsrentengesetz ist auf Geschäftsführer anwendbar. Zwar gilt das Bundesurlaubsgesetz für den Geschäftsführer gerade nicht. Dennoch ist ein Urlaubsanspruch auch ohne eine ausdrückliche Vereinbarung anzunehmen und auch ein Urlaubsabgeltungsanspruch ist gegeben. Ferner orientiert sich die Kündigungsfrist an den Fristen für Arbeitnehmer, wenn nichts Abweichendes im Anstellungsvertrag geregelt wurde. Letztendlich hat auch der Geschäftsführer einen Anspruch auf ein Zeugnis (§ 630 BGB) und unterliegt dem Pfändungsschutz für Arbeitseinkommen.

Zudem können die Parteien in dem Anstellungsvertrag die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes vereinbaren.

In der Praxis stellt sich zudem ganz häufig die Frage, ob der GmbH-Geschäftsführer nach Abberufung einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung hat, da schließlich das Anstellungsverhältnis in der Regel noch zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist fortbesteht. Nach dem Bundesgerichtshof hat der abberufene Geschäftsführer jedoch grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Weiterbeschäftigung in einer seiner Geschäftsführertätigkeit vergleichbaren leitenden Funktion. Anders sehen dies die Richter allerdings, wenn eine anderweitige Regelung im Anstellungsvertrag zu finden ist.

Aus diesem und den weiteren vorbenannten Gründen sollten sich zukünftige Geschäftsführer vor Abschluss des Geschäftsführerdienstvertrages daher unbedingt anwaltliche Beratung einholen.