28.11.2019

Notarielle Urkunden und Ehen mit Auslandsbezug – Die Europäische Güterrechtsverordnung (EuGüVO)

von Notarin Sonja Reiff

Der Notar muss bei den meisten notariellen Verträgen und Urkunden im Vorfeld klären, nach welchem Güterrecht die Vertragsparteien und Urkundsbeteiligten verheiratet sind. Nach deutschem Recht gibt es vier verschiedene Güterstände (die Zugewinngemeinschaft, die Gütertrennung, die Gütergemeinschaft und der Deutsch-französisch Wahlgüterstand). Schließen die Ehepartner keinen Ehevertrag, dann gilt automatisch der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft. In anderen Ländern gibt es jedoch noch viele weitere Güterstandsformen, die von den deutschen abweichen. So ist in Europa z.B. die Errungenschaftsgemeinschaft weit verbreitet (z.B. in Belgien, Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Polen).

Je nach Güterstand muss die notarielle Urkunde unterschiedlich ausgestaltet sein. Sind beispielsweise Urkundsbeteiligte im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet, kann es erforderlich sein, dass der Ehegatte dem Geschäft in der Urkunde zustimmen muss. Sind Urkundsbeteiligte dagegen in der Errungenschaftsgemeinschaft nach nicht deutschem Recht verheiratet, ist es möglich, dass ein Ehegatte nicht alleine Eigentum an beispielsweise einer Immobilie oder einem GmbH-Geschäftsanteil erwerben kann.

In vielen Fällen haben Urkundsbeteiligte und/oder ihre Ehegatten nicht die deutsche Staatsbürgerschaft oder haben sie zwar mittlerweile, hatten jedoch zum Zeitpunkt der Eheschließung noch eine andere Staatsbürgerschaft, sodass sich die Frage stellt, welches Güterrecht welchen Landes auf ihre Ehe Anwendung findet.

Bis zum Inkrafttreten der EuGüVO am 29.01.2019 gab es auf europäischer Ebene keine einheitliche Regelung, um zu bestimmen, welches Güterrecht Anwendung findet. Vielmehr galt jeweils das internationale Privatrecht der einzelnen Länder, sofern nicht vorrangige Staatsverträge bestanden (wie beispielsweise das Deutsch-iranische Niederlassungsabkommen). In Deutschland waren dies die Artikel 14 und 15 EGBGB a.F., die auch immer noch auf die Ehen Anwendung finden, die vor dem 29.01.2019 geschlossen wurden. Es galt danach für das eheliche Güterrecht das Recht des Staates, dessen Staatsbürgerschaft beide Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung innehatten. Hatten somit beide Ehegatten dieselbe Staatsbürgerschaft und die Ehe wurde vor dem 29.01.2019 geschlossen, dann galt für diese Ehe das Güterrecht des Heimatlandes. Hatten die Ehegatten bei Eheschließung unterschiedliche Staatsbürgerschaften, so galt das Recht des Staates, in dem die beiden zum Zeitpunkt der Eheschließung ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hatten. Lag auch kein gemeinsamer gewöhnlicher Aufenthaltsort vor, dann galt das Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Weise gemeinsam am engsten verbunden waren.

Auf Ehen, die ab dem 29.01.2019 geschlossen wurden, gilt jedoch zur Bestimmung des ehelichen Güterstandes nun die EuGüVO. Haben die Ehepartner keinen Ehevertrag geschlossen, dann gilt erst einmal das Recht des Staates, in dem die Ehegatten nach der Eheschließung ihren ersten gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Erst danach gilt das Recht des Staates, dem sie beide angehören.

Leben somit zwei nicht deutsche Staatsangehörige bei oder unmittelbar nach der Eheschließung in Deutschland, so gilt für sie nun auch deutsches Güterrecht.

Schon immer war es nach deutschem Internationalen Privatrecht möglich, eine Rechtswahl zu treffen und damit im Rahmen eines Ehevertrages zu bestimmen, welches abweichende Güterrecht für die Ehe gelten soll. Nach Art. 15 EGBGB alte Fassung (gültig bis zum 29.01.2019) konnte im Rahmen der Rechtswahl das Recht eines Staates gewählt werden, dem einer der Ehegatten angehörte oder in dem einer seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ferner war es für unbewegliches Vermögen möglich, d. h. Grundstücke und Immobilien, das Recht des Staates zu wählen, in dem sich das Vermögen befand. Letzteres ist nun für Rechtswahlen ab dem 29.01.2019, für die nun die EuGüVO gilt, nicht mehr möglich.