06.12.2023

Ratgeber Ehevertrag: Für wen ist er sinnvoll und wie wird er geschlossen?

Notare Bettina Selzer und Sonja Reiff

Viele Paare machen sich vor der Hochzeit Gedanken, ob sie einen Ehevertrag abschließen sollen. Doch in welchen Konstellationen ist das sinnvoll oder sogar notwendig? Und welche Gestaltungsmöglichkeiten bietet der Ehevertrag?

Das Wichtigste auf einen Blick

  • Ehepaare leben in Deutschland automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Diese orientiert sich in erster Linie an den Bedürfnissen der Familie mit Kindern und einem Haupt- oder Alleinverdiener.
  • Heutzutage gibt es vielfältige Lebenskonzepte in der Ehe. Nicht immer ist die gesetzliche Regelung passend. Durch einen Ehevertrag lässt sich die Zugewinngemeinschaft modifizieren und an die individuellen Verhältnisse anpassen.
  • Damit ein Ehevertrag rechtswirksam wird, muss er beim Notar beurkundet werden. Der Notar wird die Eheleute zudem zur Vertragsgestaltung beraten und den Ehevertrag erstellen. Diese Leistungen sind bereits in den gesetzlich vorgegeben Notargebühren enthalten.

Inhalt

Gesetzliche Regelung: Güterstand der Zugewinngemeinschaft

Modifizierung des Zugewinnausgleichs durch einen Ehevertrag

Versorgungsausgleich und Unterhalt

Notarielle Beratung zum Ehevertrag

Gute Vorbereitung für den Abschluss eines Ehevertrages

Häufig gestellte Fragen

Weiterführende Informationen

 

Gesetzliche Regelung: Güterstand der Zugewinngemeinschaft

Sind beide Ehepartner deutsche Staatsbürger oder haben sie ihren gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt nach der Eheschließung in Deutschland, dann sind sie automatisch im Güterstand der Zugewinngemeinschaft verheiratet (sofern sie nach dem 29.01.2019 geheiratet haben).

In der Zugewinngemeinschaft haben die Ehegatten grundsätzlich getrennte Vermögensmassen. Lassen sie sich aber scheiden, dann wird jeweils das Vermögen zu Beginn der Ehe (Anfangsvermögen) und am Ende (Endvermögen) verglichen.

Ist das Endvermögen höher, stellt der Mehrwert den Zugewinn dar. Der Ehegatte mit dem höheren Zugewinn muss an den anderen 50 % der Differenz in Geld auszahlen.

Zielsetzungen der gesetzlichen Regelungen zur Ehe

Hintergrund der gesetzlichen Zugewinngemeinschaft war einmal die klassische „Hausfrauenehe“. Die Ehefrau, die sich um die Familie kümmert und nicht arbeiten geht, sollte dafür einen Ausgleich von dem Alleinverdiener erhalten.

Wenn nur ein Ehepartner berufstätig ist und der andere die Familienarbeit übernimmt, ist die gesetzliche Zugewinngemeinschaft nach wie vor die beste Lösung, um den nicht berufstätigen Partner im Falle der Scheidung abzusichern. Das ist durchaus sinnvoll. Denn in der Regel hat derjenige, der weniger Zugewinn und Rentenanwartschaften während der Ehe erwerben konnte, auch mehr Zeit für die Kinder sowie die gesamte Familie aufgebracht und dem Partner den Rücken freigehalten.

Inzwischen gibt es aber viele unterschiedliche Lebenskonzepte. Nicht jede Ehe folgt heute den klassischen Rollenbildern. Die gesetzliche Zugewinngemeinschaft ist daher für viele Verheiratete nicht mehr der ideale Güterstand.

 

Modifizierung des gesetzlichen Zugewinnausgleichs durch einen Ehevertrag

Ein Ehevertrag erlaubt dann, die Zugewinngemeinschaft an die geplante Lebenssituation der Ehepartner anzupassen (sog. modifizierte Zugewinngemeinschaft).

  • Sind etwa beide Ehegatten berufstätig und Sie planen, keine Kinder zu haben, oder die Kinder sind schon groß, dann können Sie die Zugewinnausgleichsansprüche sogar ganz ausschließen.
  • Ist ein Ehegatte Unternehmer, kann das Unternehmen aus dem Zugewinn herausgenommen werden. Dies ist auch dringend anzuraten, denn der reguläre Zugewinnausgleich kann zur Gefahr für das Unternehmen werden. Schätzt zum Beispiel bei der Scheidung ein Sachverständiger den Wert des Betriebes, kann dieser unverhältnismäßig hoch sein. Eine Auszahlung des geschiedenen Ehegatten könnte dann den Verlust des eigenen Betriebes zur Folge haben.
  • Auch andere Vermögensgegenstände wie Immobilien, Schenkungen und Erbschaften können vom Zugewinn ausgenommen werden. Dies sollte besonders berücksichtigt werden, wenn z. B. die Eltern eines Ehegatten bereits zu ihren Lebzeiten Immobilien überschreiben.
  • Vermögenswerte wie Aktien und Immobilien, die von einem Ehegatten bereits vor der Ehe erworben worden sind, werden nicht Bestandteil vom Zugewinnausgleich. Sie nehmen jedoch mit der während der Ehe hinzugewonnenen Werterhöhung am Zugewinnausgleich teil. Auch dies können Sie durch einen Ehevertrag ändern.
  • Wenn Sie planen, dass ein Ehegatte nur für einen bestimmten Zeitraum seine Berufstätigkeit für die Kinderbetreuung unterbricht, kann durch einen Ehevertrag auch der Zeitraum angepasst werden, in dem ein Zugewinnausgleich durchgeführt wird. Der Zugewinn wird dann z. B. nur für die Berufsunterbrechung ermittelt. Für Ehezeiten, in denen beide Ehepartner Vollzeit arbeiten, wird ein Zugewinnausgleich ausgeschlossen.
 

Regelungen zum Versorgungsausgleich und nachehelichem Unterhalt im Ehevertrag

Auch beim Versorgungsausgleich, also dem Ausgleich von Rentenanwartschaften bei Scheidung, sowie dem nachehelichen Unterhalt können in einem Ehevertrag Abänderungen zu der gesetzlichen Lage aufgenommen werden. Ebenso für den Betreuungsunterhalt.

Wie weitgehend diese sein können, hängt allerdings von den finanziellen Verhältnissen der Eheleute und der geplanten Berufstätigkeit ab. Dies gilt vor allem, wenn gemeinsame Kinder in der Ehe betreut wurden oder werden sollen.

Der Gesetzgeber möchte unter anderem vermeiden, dass der betreuende Elternteil nach einem freiwilligen Verzicht auf Ausgleichsansprüche in der Rente auf Unterstützung aus der Staatskasse angewiesen ist. Denkbar ist aber, den Versorgungsausgleich vor einem gewissen Ereignis auszuschließen, z. B. vor der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes.

 

Notarielle Beratung zum Ehevertrag

Ein Ehevertrag eröffnet Ihnen viele Möglichkeiten, um auf die Besonderheiten zwischen den Ehegatten einzugehen und für einen Ausgleich im Sinne der Beteiligten zu sorgen.

Wichtig ist, dass Sie sich frühzeitig umfassend informieren und gut beraten lassen. Ein Gespräch mit Ihrem Ehepartner beim Notar oder der Notarin Ihres Vertrauens bietet hierfür den passenden Rahmen.

Der Notar kann Sie umso besser beraten und auf Sie zugeschnittene Regelungen im Ehevertrag vorschlagen, wenn Sie sich vor dem ersten Gespräch bereits Gedanken über Ihre gemeinsame Zukunftsplanung gemacht haben. Auch die finanzielle Lage beider Ehepartner muss der Notar kennen, um Sie bestmöglich zu unterstützen.

 

Gute Vorbereitung für den Abschluss eines Ehevertrages beim Notar

Folgende Fragen sollten sich Ehegatten vor dem Beratungstermin beim Notar daher stellen und für sich beantworten:

  • Wollen wir Kinder haben und wenn ja, wie viele?
  • Wer wird die Kinderbetreuung übernehmen, in welchem Umfang und in welchem Zeitraum?
  • Wie lange wird der betreuende Ehepartner dann in Teilzeit arbeiten und wann ist wieder eine Vollzeittätigkeit geplant?
  • Ist aus anderen Gründen eine Unterbrechung oder Reduzierung der beruflichen Tätigkeit geplant?
  • Werden Schenkungen und Erbschaften von Eltern oder Großeltern erwartet?
  • Ist ein Ehegatte Gesellschafter eines Unternehmens oder ist zukünftig eine Gesellschaftsbeteiligung geplant?
  • Was ist im Gesellschaftsvertrag geregelt und gibt es ggf. eine Verpflichtung, einen Ehevertrag zu schließen?

Wenn Sie diese Fragen beantworten können, sind Sie gut auf das erste Beratungsgespräch beim Notar vorbereiten.

Als Notare in Frankfurt können wir Sie dann besser und individueller beraten, sodass am Ende ein genau auf Sie zugeschnittener Ehevertrag erstellt und beurkundet werden kann.

 

 

Häufig gestellte Fragen

Wer benötigt einen Ehevertrag?

Mit dem Güterstand der Zugewinngemeinschaft hat der Gesetzgeber bereits Vorsorge getroffen, um Ehepartner im Falle einer Scheidung abzusichern. Diese Regelung orientiert sich jedoch in erstere Linie an der klassischen „Hausfrauenehe“ mit Kindern und einem Alleinverdiener. In vielen Fällen ist dies nicht mehr passend. Die Modifizierung der Zugewinngemeinschaft durch einen Ehevertrag bietet hier vielfältige Gestaltungsmöglichkeiten.

Einen Ehevertrag sollten insbesondere folgende Personen oder Paare in Betracht ziehen:

  1. Berufstätige Paare ohne Kinderwunsch
  2. Unternehmer und Selbstständige
  3. Beschenkte und Erben von Immobilien oder größeren Vermögen
  4. Paare mit großem Vermögensunterschied
  5. Geschiedene, die erneut eine Ehe schließen
  6. Paare mit unterschiedlicher Staatsbürgerschaft
  7. Paare, die sich Gütertrennung wünschen

Kann ein Ehevertrag ohne einen Notar geschlossen werden?

Nein, es ist nicht möglich, einen Ehevertrag ohne notarielle Beurkundung zu schließen. Die Regelungen eines Ehevertrages können massive wirtschaftliche und rechtliche Auswirkungen haben. Daher schreibt der Gesetzgeber zwingend die Beratung und Beurkundung durch einen Notar vor.

Kann ein Ehevertrag nachträglich noch geändert werden?

Ja, ein Ehevertrag kann nachträglich geändert und angepasst werden. Dafür müssen beide Ehepartner der Änderung zustimmen. Die Vertragsänderung muss notariell beurkundet werden, um rechtskräftig zu sein.

Eine nachträgliche Änderung des Ehevertrages kann z. B. sinnvoll und notwendig werden, wenn sich die familiäre Situation ändert. Entsteht etwa, entgegen der ursprünglichen Planung, später in der Ehe ein Kinderwunsch und einer der Ehegatten setzt für längere Zeit vom Beruf aus, sollten Sie einen bestehenden Ehevertrag prüfen und anpassen lassen. Unter Umständen kann es sogar sein, dass die Berufung auf einen solchen Ehevertrag ansonsten unwirksam wird.

Können wir einen Ehevertrag auch noch nach der Hochzeit abschließen?

Ja, es ist möglich, auch noch nach der Hochzeit einen Ehevertrag zu machen. Ein Ehevertrag kann zu jedem Zeitpunkt während der Ehe geschlossen werden.

Ein Ehevertrag ist häufig sinnvoll und kann spätere Streitpunkte bei einer Scheidung reduzieren. Doch nicht jedem ist das Thema schon vor der Hochzeit präsent. Oft ist dann auch noch gar nicht absehbar, wie sich die Vermögensverhältnisse, die Familienplanung und die Berufstätigkeit der Ehepartner in der Ehe tatsächlich entwickeln werden. Daher kann es sinnvoll sein, den Ehevertrag erst nach der Hochzeit zu schließen oder einen bereits bestehenden Ehevertrag später zu überprüfen.

Wie bei einem Ehevertrag, der vor der Hochzeit geschlossen wird, muss auch der nachträgliche Vertrag notariell beurkundet werden, um rechtlich gültig zu sein.

Wie erfolgt der Abschluss eines Ehevertrages beim Notar?

In der Regel findet zuerst eine Vorbesprechung mit beiden Ehepartnern statt. Hier werden die individuelle Situation sowie die Pläne für die gemeinsame Zukunft erfasst und die Vorstellungen der Ehepartner zum Vertrag besprochen.

Anschließend erstellt der Notar einen Vertragsentwurf. Sie haben nun Gelegenheit, ihn ausgiebig zu prüfen sowie mögliche Rückfragen und Änderungswünsche zu äußern.

Passt alles, folgt der eigentliche Beurkundungstermin, bei dem der Notar den Ehevertrag nochmals vorliest und die Unterschriften der Ehepartner beurkundet.

Was kostet ein Ehevertrag beim Notar?

Für die Kosten eines Ehevertrages ist zunächst entscheidend, ob Sie nur zum Notar gehen oder sich auch anwaltlich beraten lassen möchten. Notwendig ist das in den meisten Fällen nicht, da der Notar Sie berät. Er ist allerdings zur Neutralität verpflichtet.

Sofern sehr unterschiedliche Vorstellungen bestehen, kann es daher sinnvoll sein, dass sich die Ehegatten jeweils einen eigenen Anwalt nehmen und sich mit deren Hilfe vorab einigen.

Die Kosten für die Beurkundung eines Ehevertrages beim Notar sind gesetzlich festgelegt. Es fällt die doppelte Gebühr gem. Anlage 1 Nr. 21100 GNotKG an. Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem Geschäftswert des Ehevertrages.

Der Geschäftswert ist von Ehevertrag zu Ehevertrag unterschiedlich und hängt sehr von den getroffenen Regelungen ab. Jede Regelung hat einen eigenen Wert. Modifizieren Sie die Zugewinngemeinschaft oder vereinbaren Sie Gütertrennung, dann ist für diese Regelung in der Regel das Vermögen der Ehegatten relevant, wobei Schulden bis zur Hälfte des Vermögens abgezogen werden können.

Werden weitere Regelungen zum Unterhalt und zum Versorgungsausgleich getroffen, haben auch diese einen Wert. Dieser ist jedoch je nach Regelung unterschiedlich.

Sämtliche Werte werden dann addiert und aus diesem Gesamtwert fällt dann die doppelte Gebühr nach dem GNotKG an. Hinzu kommen Auslagen und Mehrwertsteuer.Die Beratung und der Vertragsentwurf sind bereits in den Beurkundungsgebühren enthalten.

Ausführliche Informationen zu den Notarkosten sowie Berechnungsbeispiele finden Sie auf der Seite der Bundesnotarkammer: https://www.notar.de/themen/notarkosten

 

 

Weiterführende Informationen zu einzelnen Aspekten

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