12.05.2022
Gesetzliche Regelungen zur Ehe vs. Ehevertrag
Von Notarin Bettina Selzer
Für wen sind die gesetzlichen Regelungen zur Ehe passend? Und welche Gestaltungsmöglichkeiten bietet ein Ehevertrag? Die gesetzlichen Regelungen zur Ehe sind grundsätzlich für angestellte Ehepaare gemacht, die zwei Kinder haben oder haben werden, und bei denen einer von beiden Ehegatten aufgrund der Betreuung der Kinder mehr berufliche Nachteile hat als der andere. Sind diese Rahmenbedingungen bei Ihnen nicht genau so vorhanden und möchten Sie davon abweichen, dann sollten Sie sich mit dem Abschluss eines notariellen Ehevertrages beschäftigten und eine notarielle Beratung in Anspruch nehmen.
Zielsetzungen der gesetzlichen Regelungen zur Ehe
Um berufliche Nachteile des betreuenden Ehegatten auszugleichen, sieht der Gesetzgeber den Zugewinnausgleich und den Versorgungsausgleich vor. Wenn tatsächlich zwei Kinder geboren werden und keiner der beiden Eltern einen eigenen Betrieb oder ein Unternehmen haben, kann das ein sehr gerechter Ausgleich sein. In der Regel hat derjenige, der weniger Zugewinn und Rentenanwartschaften während der Ehe erworben hat, auch mehr Zeit für die Kinder und die gesamte Familie aufgebracht und dem Partner den Rücken freigehalten.
Modifizierung des gesetzlichen Zugewinnausgleichs durch einen Ehevertrag
Da diese Schablone nicht für alle Ehen passt, dürfen die Ehegatten den Zugewinnausgleich in einem Ehevertrag durch sogenannte Modifizierungen verändern. Dabei sind wenig Schranken gesetzt. Für den Fall der Scheidung kann der Zugewinnausgleich ganz oder beschränkt auf bestimmte Gegenstände oder Ereignisse (z.B. den Zeitraum vor der Geburt des ersten Kindes) ausgeschlossen werden.
Fallstricke beim Zugewinnausgleich: Wann ist ein Ehevertrag sinnvoll oder sogar dringend angeraten?
Ist ein Ehegatte beispielsweise Unternehmer, kann der reguläre Zugewinnausgleich eine Gefahr für das Unternehmen bedeuten. Wird der Wert des Betriebes von einem Sachverständigen geschätzt, kann dieser unverhältnismäßig hoch sein. Eine Auszahlung des geschiedenen Ehegatten kann dann den Verlust des eigenen Betriebes zur Folge haben. Aus diesem Grund empfiehlt es sich dringend, ein Unternehmen oder Geschäftsanteile an einem Unternehmen vom Zugewinn auszunehmen.
Erwartet ein Ehegatte von seinen Eltern Schenkungen, lebzeitige Übertragungen von Immobilien oder Erbschaften, oder hat er sie schon erhalten, können diese vom Zugewinn ausgenommen werden.
Immobilien und Aktien, die von einem Ehegatten bereits vor der Ehe erworben worden sind, sind nicht Bestandteil vom Zugewinnausgleich, sie nehmen jedoch mit der während der Ehe hinzugewonnenen Werterhöhung am Zugewinnausgleich teil. Auch dies kann durch einen Ehevertrag geändert werden.
Ehevertrag und Versorgungsausgleich
Der Versorgungsausgleich steht den Ehegatten im Rahmen eines Ehevertrages weniger zur Disposition. Dies gilt vor allem, wenn gemeinsame Kinder in der Ehe betreut wurden oder werden sollen. Hierdurch soll unter anderem vermieden werden, dass das betreuende Elternteil in der Rente auf Unterstützung der Staatskasse angewiesen ist. Denkbar ist aber beispielsweise, den Versorgungsausgleich vor einem gewissen Ereignis, z.B. der Geburt des ersten gemeinsamen Kindes, auszuschließen.
Notarielle Beratung zum Ehevertrag
Ein Ehevertrag eröffnet viele Möglichkeiten, um auf die Besonderheiten zwischen den Ehegatten einzugehen und für einen Ausgleich im Sinne der Beteiligten zu sorgen. Dies umfasst auch den Betreuungsunterhalt nach der Scheidung.
Wichtig ist, dass Sie sich frühzeitig umfassend informieren. Ein Gespräch mit Ihrem Ehepartner beim Notar oder der Notarin Ihres Vertrauens bietet hierfür den passenden Rahmen.
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