09.07.2025
Immobilienkauf ohne Trauschein: Worauf unverheiratete Paare unbedingt achten sollten
Von Notarin Bettina Selzer
Der Traum vom eigenen Haus oder einer gemeinsamen Wohnung vereint viele Paare. Doch so romantisch dieser Schritt sein mag, für Unverheiratete sind die rechtlichen Rahmenbedingungen tückisch. Denn das Gesetz schützt Paare ohne Trauschein weit weniger als Ehepaare: Wer unverheiratet gemeinsam kauft, lebt in einem rechtlichen Niemandsland, in dem viele gesetzliche Schutzmechanismen nicht greifen, etwa das gesetzliche Erbrecht, Unterhaltsansprüche oder Vertretungsrechte. Die rechtlichen Folgen einer Trennung oder eines plötzlichen Todesfalls können dramatisch sein.
Dieser Ratgeber zeigt Ihnen systematisch auf, worauf Sie als unverheiratetes Paar beim Immobilienerwerb achten müssen. Er bietet konkrete Lösungen, rechtlich fundierte Handlungsempfehlungen und praxisnahe Beispiele, damit Ihr gemeinsamer Traum vom Eigenheim nicht zum Albtraum wird.
Inhalt
- 1. Rechtlicher Rahmen: Warum unverheiratete Paare besonders vorsorgen müssen
- 2. Eigentumsverhältnisse: Wer steht im Grundbuch – und wer profitiert?
- 3. Finanzierung und Haftungsrisiken: Gemeinsam Schulden machen, aber wie?
- 4. Der Partnerschaftsvertrag: Sicherheit auf freiwilliger Basis
- 5. Alternative Gestaltungsformen: GbR und andere Modelle zur Eigentumsgestaltung
- 6. Steuerliche Besonderheiten: Worauf unverheiratete Paare achten müssen
- 7. Erbrecht und Nachlassplanung: Was passiert beim Tod eines Partners?
- 8. Trennung und Auseinandersetzung: Was gilt, wenn die Beziehung endet?
- 9. Versicherungsschutz und Risikoabsicherung: Gut abgesichert auch ohne Trauschein
- 10. Checkliste: In 4 Phasen zum sicheren Immobilienkauf
- 11. Handlungsempfehlungen: Sicher planen, klar regeln, gemeinsam profitieren
1. Rechtlicher Rahmen: Warum unverheiratete Paare besonders vorsorgen müssen
1.1 Unverheiratete Paare sind rechtlich Fremde
Anders als Sie vielleicht vermuten, gelten unverheiratete Partner aus rechtlicher Sicht nicht als „gemeinschaftliche Einheit“, sondern als voneinander unabhängige Einzelpersonen.
Diese Trennung hat weitreichende Konsequenzen:
- Es besteht kein gesetzliches Erbrecht (§§ 1924 ff. BGB),
- kein Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung oder Witwenrente,
- keine automatische Vertretung in Notfällen (z. B. Krankenhaus, Behörden),
- kein gemeinsames Vermögen: jede Person bleibt Eigentümer ihres eingebrachten Anteils,
- keine gesetzliche Regelung zur Vermögensauseinandersetzung bei Trennung.
Das bedeutet im Klartext: Ohne vertragliche Regelung hat ein Partner keine Ansprüche auf das Vermögen des anderen – auch nicht, wenn jahrzehntelang gemeinsam investiert wurde. Und im Todesfall kann schlimmstenfalls der überlebende Partner sogar aus dem eigenen Zuhause verdrängt werden, wenn etwa die Eltern oder Kinder des Verstorbenen erben.
1.2 Häufige Fallstricke in der Praxis
Besonders problematisch sind Konstellationen, in denen aus Unwissenheit oder falschem Vertrauen auf rechtliche Klarheit verzichtet wurde. Zu den häufigsten Fallstricken zählen:
- Einseitiger Grundbucheintrag: Steht nur ein Partner im Grundbuch, gehört ihm allein die Immobilie. Das gilt auch, wenn der andere Partner einen erheblichen Teil der Kosten getragen hat.
- Fehlender Partnerschaftsvertrag: Ohne vertragliche Regelung gibt es keine Ansprüche auf Ausgleich bei Trennung. Auseinandersetzungen über Investitionen, Kredite und Nutzung der Immobilie sind vorprogrammiert.
- Gemeinsames Darlehen, ungleiche Haftung: Beide Partner unterschreiben einen Kreditvertrag, aber nur einer steht im Grundbuch. Dennoch haften beide voll für das Darlehen.
Diese Fallstricke lassen sich durch rechtzeitige Planung, klare vertragliche Gestaltung und juristische Beratung leicht vermeiden.
2. Eigentumsverhältnisse: Wer steht im Grundbuch – und wer profitiert?
2.1 Der Grundbucheintrag als rechtliche Basis
Das zentrale Dokument für Eigentumsverhältnisse an einer Immobilie ist das Grundbuch. Es hat öffentlichen Glauben (§ 891 BGB): Nur wer dort als Eigentümer eingetragen ist, gilt auch rechtlich als solcher. Ein Ehevertrag, eine mündliche Abrede oder eine Finanzierung allein reichen nicht aus, um Eigentum zu begründen.
Für unverheiratete Paare gibt es grundsätzlich drei Varianten, eine Immobilie zu erwerben:
- Miteigentum nach Bruchteilen (Bruchteilsgemeinschaft): Beide Partner werden mit einem bestimmten Anteil (z. B. 50/50 oder 60/40) als Eigentümer im Grundbuch eingetragen.
- Alleineigentum eines Partners: Nur ein Partner wird als Eigentümer eingetragen. Dies kann bei einseitiger Finanzierung sinnvoll sein. Es birgt aber große Risiken für den anderen.
- Gesellschaftsmodell (z. B. GbR): Die Immobilie gehört einer Gesellschaft, deren Gesellschafter die Partner sind (siehe Kapitel 5).
2.2 Bruchteilsgemeinschaft: Die Standardlösung mit klaren Anteilen
Die Bruchteilsgemeinschaft (§§ 741 ff. BGB) ist die gängigste Form bei gemeinsamem Eigentum. Jeder Partner erhält einen festgelegten Anteil an der gesamten Immobilie. Dieser Anteil kann sich an den Eigenkapitaleinlagen, der monatlichen Belastung oder einer individuellen Vereinbarung orientieren.
Beispiel 1: Partner A und B bringen jeweils 100.000 Euro ein und finanzieren gemeinsam 300.000 Euro. → Eintrag im Grundbuch: je 1/2.
Beispiel 2: Partner A zahlt 70 %, Partner B 30 %. → Eintrag im Grundbuch: 70/100 und 30/100.
Vorteile:
- Klare Eigentumsverhältnisse
- Rechtssicherheit bei Trennung oder Tod
- Flexible Ausgestaltung möglich
Risiken:
- Entscheidungen über die Immobilie müssen einvernehmlich getroffen werden.
- Bei Streit droht Teilungsversteigerung.
- Jeder Partner kann über seinen Anteil grundsätzlich selbst verfügen (Veräußerung, Belastung).
2.3 Alleineigentum: Klar geregelt, aber riskant für den Partner
Steht nur ein Partner im Grundbuch, ist die rechtliche Lage eindeutig. Der andere hat keinerlei Eigentumsrechte. Diese Konstellation kommt häufig vor, wenn nur ein Partner die Immobilie finanziert oder bei ihr/ihm eine bessere Bonität vorliegt.
Risiken für den nicht eingetragenen Partner:
- Kein Anspruch bei Trennung, auch nicht auf Rückzahlung eigener Investitionen (außer unter engen Voraussetzungen über das Bereicherungsrecht)
- Kein Wohnrecht nach dem Tod des Eigentümers (es sei denn, dies ist testamentarisch geregelt)
- Keine Absicherung bei Verkauf oder Beleihung durch den Eigentümer
Empfehlung: Alleineigentum sollte nur gewählt werden, wenn der andere Partner durch vertragliche Regelungen (z. B. Wohnrecht, Rückzahlungsvereinbarung, Ausgleichsansprüche) angemessen abgesichert wird.
3. Finanzierung und Haftungsrisiken: Gemeinsam Schulden machen, aber wie?
3.1 Gemeinsames Darlehen: Was bedeutet „Gesamtschuldnerschaft“?
Wenn unverheiratete Paare gemeinsam eine Immobilie erwerben, nehmen sie in der Regel auch ein gemeinsames Bankdarlehen auf. Dabei sind beide Partner in den meisten Fällen Gesamtschuldner im Sinne von § 421 BGB. Das bedeutet:
- Jeder Partner haftet für die gesamte Darlehensschuld, nicht nur anteilig.
- Die Bank kann den gesamten Betrag von einem Partner fordern, unabhängig von der internen Abrede.
- Diese Haftung besteht auch bei Trennung unverändert fort.
Beispiel: Partner A und B nehmen gemeinsam ein Darlehen über 400.000 € auf. Trennen sie sich später, kann die Bank weiterhin den vollen Betrag von Partner A fordern, auch wenn dieser ausgezogen ist und keine Raten mehr zahlt.
Die gesamtschuldnerische Haftung schützt in erster Linie die Bank. Deshalb ist eine vertragliche Regelung im Innenverhältnis zwingend nötig.
3.2 Ausstiegsmöglichkeiten bei Trennung
Nach einer Trennung ist meist der Wunsch groß, sich auch finanziell zu entflechten. Doch ein einfacher Ausstieg aus der Finanzierung ist oft nicht möglich. Banken stimmen einer Entlassung aus dem Darlehensvertrag nur zu, wenn die Bonität des verbleibenden Schuldners ausreichend ist. Bei Einzelverdienern ist dies häufig nicht der Fall.
Mögliche Lösungen:
- Schuldübernahme: Ein Partner übernimmt die Immobilie und das Darlehen mit Zustimmung der Bank.
- Verkauf der Immobilie: Der Verkaufserlös wird zur Tilgung verwendet, der Rest ggf. aufgeteilt.
- Interne Vereinbarung: In der Praxis kommt es häufig vor, dass ein Partner nach der Trennung in der Immobilie verbleibt und die Kreditraten allein übernimmt, während der andere intern zur anteiligen Erstattung verpflichtet wird, etwa durch eine schriftliche Vereinbarung. Solche internen Regelungen können zwar sinnvoll sein, sind jedoch rechtlich nur begrenzt durchsetzbar, wenn sie nicht professionell abgesichert sind.
Denn: Die Bank ist an solche Absprachen nicht gebunden. Sie kann weiterhin von jedem Partner die gesamte Restschuld verlangen, unabhängig von der internen Kostenverteilung. Zudem kann ein rein privatschriftlicher Vertrag im Streitfall schwer durchsetzbar sein, da er keine vollstreckbare Wirkung hat. Ohne notariellen Titel müsste der zahlende Partner im Ernstfall gerichtlich vorgehen, um Erstattung zu verlangen, mit ungewissem Ausgang, falls keine klaren Nachweise vorliegen.
Empfehlung: Wenn Sie solche Regelungen treffen, sollten Sie dies schriftlich dokumentieren, mit konkreten Beträgen und Zahlungsmodalitäten. Idealerweise sollten Sie dies auch notariell beurkunden lassen, um im Streitfall direkt vollstrecken zu können (§ 794 ZPO).
Wichtig: Selbst wenn ein Partner auszieht und keine Nutzung mehr hat, bleibt die Haftung gegenüber der Bank erst einmal bestehen. Erst durch eine formale Vertragsänderung mit Zustimmung des Kreditinstituts kann dies geändert werden!
3.3 Unterschiedliche Eigenkapitaleinlagen: Wer trägt wie viel?
In der Praxis bringen die Partner oft unterschiedliche Summen als Eigenkapital ein. Diese Unterschiede sollten unbedingt vertraglich dokumentiert und ausgeglichen werden. Andernfalls droht ein Ungleichgewicht, insbesondere bei Trennung oder Verkauf.
Beispiel: Empfehlungsklausel für den Partnerschaftsvertrag
„Partner A bringt 70.000 € Eigenkapital ein, Partner B 30.000 €. Im Falle eines Verkaufs werden die eingebrachten Beträge zunächst zurückerstattet. Der verbleibende Gewinn oder Verlust wird im Verhältnis 70:30 aufgeteilt.“
Ein solcher Ausgleich sichert beide Seiten ab, auch gegenüber Erben und bei späteren Streitigkeiten.
3.4 Bonität und Kreditwürdigkeit: Was erwarten Banken?
Banken bewerten unverheiratete Paare einzeln. Entscheidend sind:
- Regelmäßige, stabile Einkommen beider Partner
- Keine negativen SCHUFA-Einträge
- Mindestens 20–30 % Eigenkapital
- Möglichst unbefristete Arbeitsverhältnisse
Einige Banken bevorzugen verheiratete Kreditnehmer, da sie als wirtschaftlich stabiler gelten. Dennoch haben auch unverheiratete Paare bei guter Bonität gute Chancen, insbesondere mit soliden Sicherheiten und einem klaren Finanzierungskonzept.
4. Der Partnerschaftsvertrag: Sicherheit auf freiwilliger Basis
4.1 Warum ein Partnerschaftsvertrag unverzichtbar ist
Ein Partnerschaftsvertrag (auch „Lebenspartnerschaftsvertrag“) regelt die rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen unverheirateten Lebenspartnern. Er ist das zentrale Instrument zur Absicherung beider Seiten und beugt im Streitfall teuren Prozessen vor.
Abgrenzung: Beim hier behandelten Partnerschaftsvertrag handelt es sich nicht um einen „eingetragenen Lebenspartnerschaftsvertrag“ i.S.d. LPartG, sondern um eine rein privatrechtliche Vereinbarung zwischen zwei natürlichen Personen ohne familienrechtlichen Status.
Ohne Vertrag gibt es für unverheiratete Paare keine gesetzliche Grundlage für Ausgleichsansprüche, keine Absicherung bei Tod oder Trennung und auch keine Regelungen zur Nutzung oder Verwertung der Immobilie.
Typische Risiken ohne Vertrag:
- Der ausgezogene Partner muss weiter Raten zahlen, ohne die Immobilie weiter nutzen zu können.
- Der nicht eingetragene Partner verliert seine Beteiligung trotz erheblicher Investitionen.
- Erben verlangen die Herausgabe der Immobilie, obwohl der überlebende Partner dort wohnt.
4.2 Inhalte eines Partnerschaftsvertrags
Ein gut gestalteter Vertrag sollte folgende Regelungen enthalten:
Eigentum und Finanzierung:
- Grundbucheintrag und Eigentumsanteile
- Auflistung und Bewertung von Eigenkapitalanteilen
- Verteilung der monatlichen Belastungen (Zins, Tilgung, Nebenkosten)
- Regelungen bei Wertsteigerungen und Verlusten
Nutzung und Verwaltung:
- Wer darf die Immobilie wie nutzen?
- Was passiert im Falle von Renovierungen oder Umbauten?
- Entscheidungsmechanismen bei Meinungsverschiedenheiten
Trennung:
- Wer darf in der Immobilie bleiben?
- Wer darf den Verkauf verlangen?
- Wie wird der Erlös verteilt?
- Gibt es Abfindungsregelungen?
Todesfall:
- Wohnrecht oder Vorkaufsrecht für den überlebenden Partner
- Erbeinsetzung durch Testament oder Erbvertrag
- Absicherung durch Risikolebensversicherung
4.3 Form: Notar oder privatschriftlich?
Grundsätzlich kann ein Partnerschaftsvertrag privatschriftlich geschlossen werden. Dies ist kostengünstig, aber mit rechtlichen Risiken verbunden. Das gilt vor allem bei späterem Streit. Daher empfehlen wir angesichts der Tragweite den Abschluss eines notariellen Partnerschaftsvertrags.
Die notarielle Beurkundung ist zudem zwingend erforderlich, wenn:
- Eigentumsübertragungen oder Vorkaufsrechte geregelt werden (§ 311b BGB)
- Schenkungen oder Ausgleichsansprüche festgelegt werden, die notariell beurkundet sein müssen (§§ 518, 311b BGB)
- Ein vollstreckbarer Titel gewünscht ist (z. B. bei Zahlungsverpflichtungen)
Empfehlung: Bei Immobiliengeschäften sollte der Vertrag stets notariell beurkundet werden. Das schafft Rechtssicherheit, Beweiswert und Vollstreckbarkeit.
4.4 Musterklauseln: das könnte in Ihrem Partnerschaftsvertrag stehen
Eigentumsverteilung:
„Die Partner erwerben die Immobilie zu Miteigentum im Verhältnis 3/5 (Partner A) zu 2/5 (Partner B), entsprechend der eingebrachten Eigenmittel und monatlichen Belastung.“
Trennung:
„Kommt es zur Beendigung der Lebensgemeinschaft, verpflichten sich beide Partner, innerhalb von sechs Monaten eine einvernehmliche Lösung zur Verwertung der Immobilie zu finden. Gelingt dies nicht, kann jeder Partner die Teilungsversteigerung verlangen.“
Vorkaufsrecht:
„Veräußert ein Partner seinen Anteil, steht dem anderen Partner ein Vorkaufsrecht zum Verkehrswert zu, der durch einen Sachverständigen zu ermitteln ist.“
5. Alternative Gestaltungsformen: GbR und andere Modelle zur Eigentumsgestaltung
5.1 Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Eigentümerin
Neben dem direkten Erwerb als Bruchteilseigentümer können unverheiratete Paare auch über eine sogenannte Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) eine Immobilie erwerben. Dabei tritt nicht das Paar als natürliche Personen ins Grundbuch ein, sondern die GbR als juristische Einheit.
Was ist eine GbR? Die GbR ist eine Personengesellschaft, die durch einen einfachen Gesellschaftsvertrag zwischen zwei oder mehreren Personen entsteht (§ 705 BGB). Ihr Zweck kann der gemeinsame Erwerb, die Nutzung oder auch die Vermietung einer Immobilie sein.
Beispiel: Partner A und Partner B schließen einen schriftlichen GbR-Vertrag, in dem sie festlegen, dass die Gesellschaft eine Immobilie zur gemeinsamen Nutzung und Vermögensbildung erwirbt. Die GbR wird als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen. Beide Partner sind Gesellschafter mit einem bestimmten Anteil, z. B. 70 % und 30 %.
5.2 Vorteile der GbR-Gestaltung
- Klare Beteiligungsverhältnisse: Die Anteile an der Gesellschaft können exakt geregelt werden, z. B. auf Basis von Eigenkapital und laufender Finanzierung.
- Einheitliche Vertretung: Die GbR kann so strukturiert werden, dass nur gemeinsame Entscheidungen möglich sind, oder ein Partner zur Vertretung ermächtigt wird.
- Professionelle Struktur: Für Paare, die mehrere Immobilien erwerben oder vermieten wollen, bietet die GbR eine unternehmerische Basis.
- Vereinbarungen zur Auseinandersetzung: Im Gesellschaftsvertrag lassen sich Regeln für Trennung, Tod oder Ausstieg festlegen, inklusive Abfindung oder Vorkaufsrechten.
5.3 Nachteile und Risiken
- Buchhalterischer Aufwand: Sobald Mieteinnahmen oder betriebliche Aktivitäten vorliegen, gelten steuerliche Pflichten, etwa Einnahmenüberschussrechnung (EÜR).
- Haftung: Die Gesellschafter haften persönlich und gesamtschuldnerisch für Verbindlichkeiten der GbR, also auch für Schulden aus dem Immobilienkauf.
- Auflösung beim Tod eines Gesellschafters: Wenn keine abweichende Regelung getroffen wird, löst sich die GbR beim Tod eines Gesellschafters auf (§ 727 BGB). Dies kann gravierende Folgen für den überlebenden Partner haben.
5.4 Vergleich: Bruchteilsgemeinschaft vs. Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR)
Kriterium | Bruchteilsgemeinschaft | Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) |
Eintrag im Grundbuch | Beide Partner direkt als Miteigentümer mit Bruchteilen eingetragen | GbR wird als Eigentümerin eingetragen, Partner sind Gesellschafter |
Entscheidungsbefugnis | Grundsätzlich Einstimmigkeit erforderlich (§ 745 BGB) | Nach Gesellschaftsvertrag möglich (z. B. einfache Mehrheit, Vetorechte etc.) |
Gestaltungsmöglichkeiten | Eingeschränkt, gesetzlich vorgegeben (BGB) | Sehr flexibel durch Gesellschaftsvertrag |
Vererbung bei Tod eines Partners | Anteil wird automatisch vererbt (§ 1922 BGB) | Fortführung durch überlebenden Partner möglich, wenn vertraglich geregelt (§ 727 BGB) |
Teilungsversteigerung möglich? | Ja, jeder Miteigentümer kann jederzeit Antrag stellen (§ 749 BGB) | Kann im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden |
Haftung (zivilrechtlich) | Für den eigenen Anteil (z. B. bei Kosten nach § 748 BGB) | Gesamtschuldnerische Haftung für Gesellschaftsverbindlichkeiten (§§ 705 ff. BGB) |
Haftung bei gemeinsamer Finanzierung | Regelmäßig gesamtschuldnerisch im Kreditvertrag (§ 421 BGB), unabhängig von Eigentumsform | Ebenfalls regelmäßig gesamtschuldnerisch bei gemeinsamer Kreditaufnahme |
Steuerliche Handhabung | Eigentümer versteuern anteilig Einkünfte, Werbungskosten etc. | Gesellschaft als transparente Einheit – Aufteilung nach Gesellschaftsanteilen |
Verkauf der Immobilie mit Gewinn | Besteuerung nach § 23 EStG, Spekulationsfrist 10 Jahre, Gewinnanteil individuell versteuert | Gleiche Regelung: Transparente Besteuerung, Spekulationsfrist, anteilige Gewinnverteilung |
Buchführungspflicht | Keine, bei Eigennutzung | Bei Vermietung ggf. EÜR oder Bilanz bei Überschreiten von Schwellenwerten |
Verwendungszweck | Ideal für Eigennutzung mit klarer Eigentumsregelung | Sinnvoll bei mehreren Objekten, Vermietung oder komplexen Regelungsbedürfnissen |
Empfehlung: Die GbR ist vor allem dann sinnvoll, wenn mehrere Immobilien gehalten, vermietet oder gewerblich genutzt werden sollen, oder wenn ein detailliertes Regelungsbedürfnis besteht. Für eine einfache Eigennutzung reicht meist die Bruchteilsgemeinschaft mit Partnerschaftsvertrag aus.
Pflichtteil und Gesellschaftsanteil – Was gilt in der GbR?
Viele Paare möchten durch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) vermeiden, dass Erben nach dem Tod eines Partners direkten Zugriff auf die gemeinsame Immobilie erhalten. Doch wie steht es um den Pflichtteil?
Kein Erbanspruch auf den GbR-Anteil:
Wird im GbR-Vertrag geregelt, dass die Gesellschaft im Todesfall eines Partners automatisch mit dem überlebenden Gesellschafter fortgeführt wird (sog. Fortsetzungsklausel), fällt der Gesellschaftsanteil nicht in den Nachlass. Die Erben erhalten in diesem Fall keinen Anteil an der Immobilie, sondern ggf. einen vereinbarten Abfindungsanspruch in Geld.
Wichtig: Die Wirkung einer Fortsetzungsklausel hängt entscheidend von ihrer konkreten Ausgestaltung ab. Nur eine sog. qualifizierte Nachfolgeklausel, die den Übergang des Anteils ausschließlich auf den überlebenden Gesellschafter vorsieht, verhindert, dass der Anteil in den Nachlass fällt. Wird hingegen lediglich eine einfache Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben vereinbart, bleibt der Anteil vererblich und fällt in den Nachlass, mit der Folge einer Erbengemeinschaft in der GbR. Um dies zu vermeiden, sollte die Fortsetzungsklausel rechtssicher formuliert und notariell geprüft werden.
Pflichtteilsanspruch bleibt bestehen:
Unabhängig davon steht nahen Angehörigen (insbesondere Kindern) ein Pflichtteilsanspruch in Geld zu. Dieser berechnet sich nach dem Wert des gesamten Nachlasses, einschließlich des Wertes des Gesellschaftsanteils – selbst wenn dieser nicht vererbt wird.
Was bedeutet das für den überlebenden Partner?
Er kann die Immobilie behalten und alleiniger Gesellschafter bleiben. Er muss aber unter Umständen den Pflichtteil auszahlen, wenn kein entsprechender Verzicht vereinbart wurde oder keine Vorsorge (z. B. über eine Lebensversicherung) getroffen wurde.
Empfehlung:
Lassen Sie sich notariell beraten, wie Sie Pflichtteilsansprüche durch vertragliche, steuerliche oder versicherungsbasierte Gestaltung auffangen können, insbesondere wenn Kinder aus früheren Beziehungen existieren.
6. Steuerliche Besonderheiten: Worauf unverheiratete Paare achten müssen
Der Immobilienkauf durch unverheiratete Paare wirft eine Reihe steuerlicher Fragen auf, insbesondere im Hinblick auf Grunderwerbsteuer, Schenkungs- und Erbschaftsteuer. Hier gelten im Vergleich zu Ehepaaren deutlich ungünstigere Bedingungen.
6.1 Grunderwerbsteuer
Beim Erwerb einer Immobilie fällt Grunderwerbsteuer an. Diese beträgt zwischen 3,5 % und 6,5 % des Kaufpreises, je nach Bundesland. Die Steuer entsteht mit Abschluss des notariellen Kaufvertrags.
Unverheiratete Paare zahlen Grunderwerbsteuer in voller Höhe. Dies gilt auch bei der (nachträglichen) Übertragung von Miteigentumsanteilen untereinander. Bei verheirateten Paaren bleibt die Übertragung zwischen den Ehepartnern hingegen steuerfrei (§ 3 Nr. 4 GrEStG).
Beispiel: Partner A ist bislang alleiniger Eigentümer einer Immobilie im Wert von 400.000 Euro. Er überträgt die Hälfte auf Partner B. → Partner B zahlt Grunderwerbsteuer auf 200.000 Euro. Bei einem Steuersatz von 5 % ergibt sich eine Steuer von 10.000 Euro allein durch die Übertragung.
Strategien zur Steuervermeidung:
- Gemeinsamer Erwerb von Anfang an
- Übertragung im Rahmen einer GbR (gestalterisch möglich, aber rechtlich anspruchsvoll)
Vorsicht „Steuerfalle“:
- Die Übertragung von Immobilieneigentum – auch zwischen nicht verheirateten Partnern – bedarf stets der notariellen Beurkundung. Ohne diese ist die Übertragung unwirksam und wird steuerlich dennoch als Erwerb behandelt.
- Ohne notarielle Beurkundung droht dann eine typische Steuerfalle: Das Finanzamt kann Grunderwerbsteuer festsetzen, obwohl die Eigentumsübertragung zivilrechtlich unwirksam bleibt. Der Erwerber zahlt also Steuer, ohne rechtlich Eigentümer zu werden.
6.2 Schenkungssteuer
Ungeachtet der gerade skizzierten Besonderheit bei der Grunderwerbssteuer gilt bei unverheirateten Paaren: Überträgt ein Partner dem anderen unentgeltlich Vermögenswerte, z. B. durch Übertragung eines Anteils an der Immobilie oder Zahlung von Darlehensraten, liegt regelmäßig eine Schenkung vor (§ 516 BGB). Diese unterliegt der Schenkungssteuer.
Unverheiratete Partner gehören zur Steuerklasse III, mit einem Freibetrag von nur 20.000 Euro alle zehn Jahre (§ 16 ErbStG). Darüber hinaus gelten hohe Steuersätze:
Wert der Schenkung | Steuersatz Steuerklasse III |
Bis 75.000 € | 30 % |
75.001 – 300.000 € | 30 % |
300.001 – 600.000 € | 43 % |
Über 600.000 € | 50 % |
Beispiel: Partner A schenkt Partner B die Hälfte einer Immobilie im Wert von 500.000 €. → Steuerpflichtiger Erwerb: 250.000 € – abzüglich 20.000 € Freibetrag = 230.000 €. Steuerlast: ca. 69.000 €.
Gestaltungsoptionen:
- Mehrstufige Schenkung über mehrere Jahre (alle 10 Jahre nutzbarer Freibetrag)
- Kombination mit Wohn- oder Nießbrauchsrecht zur Reduzierung des steuerlichen Werts
- Abschluss eines Darlehensvertrags statt einer Schenkung (z. B. bei Finanzierung durch einen Partner), aber mit echter Rückzahlungsverpflichtung!
6.3 Erbschaftsteuer
Unverheiratete Partner, die sich nicht gegenseitig in einem Testament oder Erbvertrag berücksichtigen, erben von Gesetz wegen zuerst einmal nichts. Wenn sie aufgrund eines Testaments oder Erbvertrags erben, gelten sie als steuerfremd (Steuerklasse III).
Freibetrag: 20.000 €, Steuersätze: 30–50 % je nach Höhe des Erbes.
Im Vergleich dazu erhalten Ehepartner:
- Freibetrag: 500.000 €,
- Steuersatz: 7–30 %,
- Familienheimregelung: Befreiung für selbstgenutzte Immobilie (unter bestimmten Voraussetzungen, § 13 Abs. 1 Nr. 4b ErbStG).
Konsequenz: Stirbt ein Partner ohne testamentarische Regelung, geht der andere leer aus. Mit Erbeinsetzung droht eine massive Steuerbelastung.
Lösungsansätze:
- Notarieller Erbvertrag mit gegenseitiger Einsetzung und klarer Quotenregelung
- Absicherung durch Risikolebensversicherung mit Begünstigtenregelung (steuerlich prüfen!)
- Lebzeitige Übertragungen unter Nießbrauchsvorbehalt oder mit Wohnrecht
Hinweis: Je nach Vermögenswerten empfiehlt es sich, hier unbedingt frühzeitig einen Steuerberater oder Fachanwalt für Steuerrecht hinzuzuziehen.
7. Erbrecht und Nachlassplanung: Was passiert beim Tod eines Partners?
7.1 Gesetzliche Erbfolge: Der überlebende Partner geht leer aus.
Unverheiratete Partner haben keinerlei gesetzliche Erbansprüche. Stirbt ein Partner ohne Testament oder Erbvertrag, richtet sich die Erbfolge ausschließlich nach den gesetzlichen Regelungen (§§ 1924 ff. BGB). Danach erben:
- Kinder des Verstorbenen (1. Ordnung)
- Eltern und deren Nachkommen (2. Ordnung)
- Großeltern und deren Nachkommen (3. Ordnung)
- usw.
Der überlebende Lebenspartner wird vom Gesetz nicht berücksichtigt. Das gilt auch, wenn die Beziehung jahrzehntelang bestand oder die Immobilie gemeinsam bewohnt wurde.
Ohne testamentarische Regelung kann der Lebensgefährte sogar aus dem gemeinsamen Zuhause verdrängt werden, wenn etwa Kinder, Eltern oder Geschwister des Verstorbenen Erben werden.
7.2 Testament oder Erbvertrag: Welche Form ist sinnvoll?
Um den Partner im Todesfall abzusichern, ist eine testamentarische Regelung unerlässlich. Dabei stehen zwei Varianten zur Verfügung:
- Einseitiges Testament: Der Partner kann selbst ein handschriftliches Testament aufsetzen (§ 2247 BGB). Es ist formfrei, aber anfällig für Streit und Anfechtung.
- Erbvertrag: In notarieller Form (§ 2276 BGB) schließen beide Partner einen verbindlichen Vertrag zur gegenseitigen Erbeinsetzung, was eine höhere Rechtssicherheit begründet.
Empfehlung: Bei gemeinsamem Immobilieneigentum ist ein notarieller Erbvertrag vorzuziehen, da er rechtlich bindend ist und eine gegenseitige Absicherung schafft. Das gilt ganz besonders bei Patchwork-Konstellationen oder größeren Vermögen.
7.3 Pflichtteilsrecht: Ansprüche von Kindern, Eltern und Ehepartnern
Auch wenn ein Partner durch Testament oder Erbvertrag als Erbe eingesetzt ist, können Angehörige Pflichtteilsansprüche geltend machen (§ 2303 BGB).
Dazu zählen:
- Kinder (immer)
- Eltern (wenn keine Kinder vorhanden sind)
- Ehegatten (nur bei bestehender Ehe)
Der Pflichtteil beträgt die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Er ist in bar sofort fällig, unabhängig vom Nachlasswert.
Beispiel: Partner A stirbt und setzt Partner B als Alleinerben ein. A hat ein Kind. → Das Kind kann 50 % des Nachlasswerts in bar verlangen, auch wenn die Immobilie das einzige Vermögen darstellt. Dies kann zur finanziellen Belastung oder sogar zum Verkauf des Hauses führen.
Gestaltungsstrategien:
- Abschluss eines Pflichtteilsverzichts mit Kindern (nur notariell)
- Lebzeitige Schenkungen mit Fristablauf von 10 Jahren (§ 2325 Abs. 3 BGB)
- Absicherung der Pflichtteilsansprüche durch Lebensversicherungen
Informationen zum Pflichtteilsergänzungsanspruch (§ 2325 BGB)
Was ist der Pflichtteilsergänzungsanspruch?
Pflichtteilsberechtigte, insbesondere Kinder, können verlangen, dass Schenkungen des Erblassers zu Lebzeiten bei der Berechnung ihres Pflichtteils berücksichtigt werden, auch wenn der verschenkte Vermögenswert nicht mehr zum Nachlass gehört.
Verbrauch mit der Zeit – die 10-Jahres-Frist: Die Schenkung „verbraucht sich“ mit der Zeit: Je länger sie zurückliegt, desto weniger wird sie angerechnet.
- Nur echte Schenkungen unter Lebenden lösen den Fristablauf aus.
- Keine Frist läuft, wenn sich der Erblasser z. B. ein Nießbrauchsrecht oder Rückforderungsrecht vorbehalten hat.
- Gestaffelte Minderung: Für jedes volle Jahr zwischen Schenkung und Tod des Erblassers reduziert sich der anzurechnende Wert um 1/10.
- Nach 10 Jahren wird die Schenkung nicht mehr berücksichtigt.
Beispiel: Schenkung im Jahr 2014, Tod im Jahr 2023
9 Jahre liegen dazwischen. Folglich wird nur 1/10 des Werts der Schenkung zur Pflichtteilsberechnung herangezogen.
7.4 Steuerliche Optimierung des Nachlasses
Wie bereits im Kapitel zur Schenkungssteuer ausgeführt, sind unverheiratete Partner in Steuerklasse III eingestuft. Das bedeutet einen sehr niedrigen Freibetrag (20.000 €) und hohe Steuersätze.
Gestaltungsoptionen:
- Lebzeitige Übertragung mit Nießbrauchsvorbehalt: Der Eigentümer überträgt die Immobilie an den Partner und behält sich ein lebenslanges Nutzungsrecht Dies reduziert den steuerpflichtigen Wert.
- Teilübertragungen in Etappen: Mehrere Übertragungen unter Ausnutzung des 10-Jahres-Freibetrags
- Gründung einer Familiengesellschaft: Eine GbR mit Bewertungsabschlägen bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Anteils, insbesondere bei vermieteten Objekten.
Hinweis: Für eine individuelle Einschätzung und Steueroptimierung sollten Sie frühzeitig einen Steuerberater hinzuziehen.
8. Trennung und Auseinandersetzung: Was gilt, wenn die Beziehung endet?
8.1 Kein „Scheidungsrecht“ für Unverheiratete
Während Ehegatten im Fall der Scheidung durch das Gesetz klare Regelungen zur Vermögensauseinandersetzung, zum Zugewinnausgleich (§§ 1363 ff. BGB) oder zum Unterhalt (§§ 1569 ff. BGB) haben, gilt für unverheiratete Paare: Jeder behält, was ihm gehört.
Das kann leicht zu ungleichen Verhältnissen führen, etwa wenn ein Partner aus emotionalen Gründen ausgezogen ist, aber weiterhin Darlehensraten bedient. Oder wenn einer der Partner nicht im Grundbuch steht, obwohl er einen Großteil der Renovierungskosten getragen hat.
8.2 Teilungsversteigerung: Letzter Ausweg bei Streit
Können sich die Partner nicht über den Verbleib oder Verkauf der gemeinsamen Immobilie einigen, bleibt als letztes Mittel die Teilungsversteigerung (§§ 180 ff. ZVG).
Diese kann von jedem Miteigentümer jederzeit beantragt werden (§ 749 Abs. 1 BGB), wenn keine abweichenden vertraglichen Regelungen bestehen.
Ablauf:
- Antrag beim Amtsgericht durch einen der Miteigentümer
- Durchführung eines öffentlichen Versteigerungsverfahrens
- Der Erlös wird nach Abzug von Kosten und Schulden anteilig verteilt
Risiken:
- Der Erlös liegt häufig unter dem Verkehrswert
- Verfahrenskosten (Gericht, Gutachter, Anwälte) sind hoch
- Emotional belastende Auseinandersetzung
- Zwangsräumung ist möglich, wenn der Partner nicht freiwillig auszieht
Vermeidung: Klare Regelungen im Partnerschaftsvertrag bzgl. Verwertung, Verkauf, Abfindung oder Vorkaufsrecht sind essenziell, um eine Teilungsversteigerung zu verhindern.
8.3 Wohnrecht und Nutzungsregelungen bei Trennung
Nach der Trennung stellt sich die Frage: Wer darf in der Immobilie wohnen bleiben? Und zu welchen Bedingungen?
Rechtslage:
- Jeder Miteigentümer hat ein gleichwertiges Nutzungsrecht (§ 743 BGB).
- Nutzt nur ein Partner die Immobilie allein, kann der andere eine Nutzungsentschädigung verlangen (§ 745 Abs. 2 BGB).
- Eine Verpflichtung zum Auszug besteht nicht, außer bei gerichtlicher Regelung oder vertraglicher Vereinbarung.
Praktische Lösungen:
- Befristete Alleinnutzung mit Entschädigung: Ein Partner bleibt in der Immobilie, zahlt dafür eine vereinbarte monatliche Summe.
- Ablösung durch Auszahlung: Ein Partner übernimmt die Immobilie vollständig und zahlt den anderen aus, mit Zustimmung der Bank bei laufendem Darlehen.
- Verkauf mit Rückmietung: Die Immobilie wird verkauft, aber einer der Partner bleibt als Mieter wohnen.
8.4 Ausgleichsansprüche bei ungleichen Investitionen
Hat ein Partner mehr in die Immobilie investiert, als es seinem Eigentumsanteil entspricht, stellt sich die Frage nach einem finanziellen Ausgleich.
Mögliche Anspruchsgrundlagen:
- Bereicherungsrecht (§§ 812 ff. BGB): Wenn eine ungerechtfertigte Vermögensverschiebung vorliegt, z. B. Zahlung für fremdes Eigentum.
- Innenausgleich bei Gesamtschuld (§§ 426 BGB): Wenn ein Partner Darlehensraten allein getragen hat.
- GbR-Recht (§§ 705 ff. BGB): Wenn stillschweigend eine Gesellschaft begründet wurde, etwa bei gemeinsamer Finanzierung trotz Alleineigentum.
Voraussetzung: Alle Zahlungen, Leistungen und Investitionen sollten dokumentiert werden (Überweisungsnachweise, Rechnungen, Kontoauszüge), ansonsten ist ein Ausgleich kaum durchsetzbar.
Tipp: In Partnerschaftsverträgen sollte bereits bei Erwerb geregelt werden, wie mit ungleichen Leistungen umzugehen ist. So lässt sich im Trennungsfall ein langwieriger Prozess vermeiden.
9. Versicherungsschutz und Risikoabsicherung: Gut abgesichert auch ohne Trauschein
Der Immobilienerwerb bringt erhebliche finanzielle Verpflichtungen mit sich. Unverheiratete Paare sollten daher besonders auf eine passende Absicherung achten. Denn gesetzliche Schutzmechanismen, wie sie Eheleute genießen, fehlen.
Eine solide Versicherungsstruktur ist nicht nur bei Krankheit oder Berufsunfähigkeit wichtig, sondern auch im Todesfall.
9.1 Risikolebensversicherung: Absicherung im Todesfall
Die Risikolebensversicherung ist das wichtigste Instrument zur finanziellen Absicherung des Partners beim Tod des Versicherungsnehmers. Sie kann helfen, das Darlehen zu tilgen oder dem überlebenden Partner eine finanzielle Grundlage zu sichern.
Gestaltungsmöglichkeiten:
- Fallende Versicherungssumme: Die Summe sinkt parallel zur Darlehenstilgung.
- Konstante Versicherungssumme: Höhere Absicherung für Lebenshaltung und Nachlass.
- Über-Kreuz-Versicherung: Partner A schließt eine Versicherung auf das Leben von Partner B ab und ist selbst Begünstigter. So fließt die Leistung nicht in den Nachlass.
Steuerliche Besonderheiten:
- Die Leistung aus der Versicherung ist für den Begünstigten steuerfrei – aber nur, wenn er nicht zugleich Versicherungsnehmer und versicherte Person ist (Stichwort: „Schenkung“ bei hoher Auszahlung).
- Wichtig: Bei größeren Summen (über 20.000 €) kann Schenkungssteuer anfallen, wenn keine geschickte Vertragsgestaltung erfolgt.
Tipp: Lassen Sie sich bei Vertragsabschluss zur optimalen Struktur (Versicherungsnehmer, Beitragspflichtiger, versicherte Person, Begünstigter) fachlich beraten.
9.2 Berufsunfähigkeitsversicherung: Schutz bei Erwerbsausfall
Ein oft unterschätztes Risiko ist die Berufsunfähigkeit, etwa durch Krankheit, Unfall oder psychische Belastung. Fällt ein Partner als Einkommensquelle aus, gerät die Finanzierung schnell ins Wanken.
Empfehlungen:
- Beide Partner sollten über eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit ausreichender monatlicher Leistung verfügen.
- Die Versicherung sollte so gestaltet sein, dass sie die monatlichen Darlehensraten (anteilig) abdecken kann.
- Dynamik und Nachversicherungsgarantie für notwendige Anpassungen an künftige Einkommensentwicklungen sollten vereinbart werden.
Hinweis: Die Gesundheitsfragen bei Antragstellung müssen Sie vollständig und wahrheitsgemäß beantworten, andernfalls drohen Leistungskürzungen oder der Rücktritt des Versicherers im Leistungsfall!
9.3 Restschuldversicherung: Schutz bei Zahlungsausfall
Restschuldversicherungen sichern das Immobiliendarlehen ab. Bei Tod, Arbeitsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit eines Darlehensnehmers übernimmt die Versicherung die laufenden Raten oder tilgt das Darlehen ganz oder teilweise.
Besonderheiten für unverheiratete Paare:
- Beide Partner sollten abgesichert sein, auch bei Alleineigentum.
- Der überlebende Partner sollte als Begünstigter eingetragen werden. Andernfalls geht die Leistung an die Erben.
- Bei Trennung: Regelung zur Anpassung der Begünstigung nicht vergessen.
Kosten-Nutzen-Abwägung: Restschuldversicherungen sind vergleichsweise teuer. Eine separate Risikolebensversicherung ist oft günstiger und flexibler, insbesondere, wenn sie „über Kreuz“ abgeschlossen wird.
10. Checkliste und praktische Handlungsempfehlungen: In 4 Phasen zum sicheren Immobilienkauf
Damit der gemeinsame Immobilienerwerb auch ohne Trauschein sicher gelingt, empfiehlt sich ein strukturiertes Vorgehen in vier aufeinander aufbauenden Phasen.
Die folgende Checkliste gibt Ihnen einen praxisnahen Überblick über alle wichtigen Schritte.
Phase 1: Vorbereitung (3–6 Monate vor dem Kauf)
1. Finanzielle Situation analysieren:
- Eigenkapital, monatliche Belastbarkeit, SCHUFA-Einträge beider Partner prüfen
- Berufliche Stabilität und Perspektiven klären
2. Finanzierungsrahmen klären:
- Budget und maximale Kreditbelastung realistisch bestimmen
- Fördermöglichkeiten prüfen (z. B. KfW, Wohnungsbauprämie)
3. Partnerschaftsvertrag entwerfen:
- Eigentumsverhältnisse,
- Finanzierungsbeiträge
- Ausgleichsansprüche und Abfindungsregelungen
4. Steuerliche und rechtliche Beratung einholen:
- Steuerberater: Gestaltungsmöglichkeiten
- Notar/Rechtsanwalt: Vertragsgestaltung, Erbrecht
5. Versicherungsschutz prüfen:
- Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, ggf. Restschuldversicherung
Phase 2: Immobiliensuche und -bewertung
1. Suchkriterien definieren:
- Lage, Größe, Infrastruktur, Budgetrahmen
2. Objekte besichtigen und prüfen:
- Bausubstanz, Energieeffizienz, Modernisierungsbedarf
3. Sachverständigen-Gutachten einholen (bei Unsicherheit):
- Marktwert, Renovierungsbedarf, versteckte Mängel
4. Finanzierungsangebote vergleichen:
- Effektivzins, Sondertilgung, Fördermittel einbeziehen
5. Notar für Kaufvertrag wählen:
- Entwurf Immobilienkaufvertrag vorab zur Prüfung einholen
Phase 3: Vertragsabschluss
1. Kaufvertrag notariell beurkunden lassen:
- Eigentumsverhältnisse, Auflassungsvormerkung, Übergabezeitpunkt
2. Partnerschaftsvertrag beurkunden:
- Absicherung im Trennungs- und Todesfall, Regelungen zur Nutzung
3. Finanzierung abschließen:
- Vertrag unterzeichnen, Auszahlung sicherstellen
4. Versicherungen abschließen:
- Vertragsstart an Darlehensauszahlung koppeln
5. Grundbucheintragung veranlassen
Phase 4: Nach dem Kauf
1. Alle Unterlagen sichern:
- Kaufvertrag, Grundbuchauszug, Darlehensvertrag, Versicherungen
2. Nachlassplanung vervollständigen:
- Testament oder Erbvertrag erstellen und beim Notar hinterlegen
- Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung in notarieller Form ergänzen
3. Regelmäßige Überprüfung:
- Verträge, Versicherungen und rechtliche Situation alle 2–3 Jahre prüfen
- Anpassung z. B. bei Familienzuwachs, Umzug, Berufswandel oder Trennung
► Download der Checkliste als PDF
11. Handlungsempfehlungen: Sicher planen, klar regeln, gemeinsam profitieren
Der Erwerb einer Immobilie ist für viele Paare ein Meilenstein im Leben. Die eigene Wohnung oder das Eigenheim sind Ausdruck von Stabilität, Vertrauen und gemeinsamen Zukunftsplänen. Doch während das Gesetz für Eheleute zahlreiche Schutzmechanismen bietet, bewegen sich unverheiratete Paare beim Immobilienkauf in einem weitgehend ungeregelten Raum, der viele rechtliche und steuerliche Stolperfallen bereithält.
Genau deshalb sind sorgfältige Planung und vertragliche Absicherung umso wichtiger.
11.1 Die wichtigsten Faktoren im Überblick
Rechtzeitig Vorsorgen: Unverheiratete Paare sollten frühzeitig klären, wie sie Eigentum und Finanzierung gestalten möchten – idealerweise vor Abschluss des Kaufvertrags.
Eigentumsverhältnisse klar regeln: Der Grundbucheintrag bestimmt, wem die Immobilie gehört. Nur wer dort steht, ist Eigentümer. Das gilt unabhängig von finanziellen Beiträgen.
Partnerschaftsvertrag abschließen: Ein notariell beurkundeter Vertrag schafft Rechtssicherheit im Falle von Trennung, Tod oder Streit. Er sollte Eigentum, Finanzierung, Nutzung und Ausgleich regeln.
Erbrechtliche Absicherung treffen: Ein Testament oder Erbvertrag verhindert, dass der überlebende Partner leer ausgeht. Ohne Verfügung von Todes wegen geht das gesamte Vermögen an die gesetzlichen Erben.
Versicherungsschutz ergänzen: Risikolebensversicherung, Berufsunfähigkeitsabsicherung und ggf. eine Restschuldversicherung schützen beide Partner vor finanziellen Belastungen durch Krankheit, Tod oder Trennung.
Steuerliche Gestaltung nutzen: Eine frühzeitige steuerliche Beratung hilft, erhebliche Steuerlasten zu vermeiden. Hierbei sind die gesetzlichen Handlungsspielräume wie Freibeträge, Nießbrauchsmodelle und Übertragungsstrategien optimal für die jeweilige individuelle Situation zu berücksichtigen.
Regelmäßige Überprüfung: Lebensumstände ändern sich. Auch Ihre Verträge, Testamente und Versicherungen sollten deshalb regelmäßig überprüft und angepasst werden.
11.2 Warum professionelle Beratung unverzichtbar ist
Ein gemeinsamer Immobilienerwerb ohne Trauschein ist keine Seltenheit mehr. Er ist aber nach wie vor ein rechtliches Risiko, wenn er nicht gut vorbereitet wird.
Wer in vertrauensvoller Partnerschaft lebt, sollte dieses Vertrauen durch klare vertragliche Regelungen absichern. Das ist keine Misstrauenserklärung, sondern Ausdruck von Verantwortung: für sich selbst, für den Partner und für gemeinsame Investitionen.
Professionelle Beratung kostet Geld. Sie spart aber im Ernstfall ein Vielfaches an Streit, Verlust und Ärger. Gerade beim Erwerb von Immobilien sieht das Gesetz zudem die Mitwirkung eines Notars zwingend vor. Nutzen Sie diese Expertise, um sich bestmöglich abzusichern.
Mit einem durchdachten Konzept, vertraglicher Klarheit und professioneller Unterstützung steht dem Traum vom gemeinsamen Zuhause nichts im Weg, ob mit oder ohne Trauschein.
Gerne unterstützt Sie unser Notarbüro bei Ihrem Immobilienkauf.